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Warum ich so gern auf der Parkbank sitze

und damit einem [klassistisch konnotierten] Altersklischee entspreche, das seit Jahrzehnten(!) gerne als abschreckendes Beispiel für ein vermeintlich längst überholtes Altersbild aufgerufen wird:

HP

  1. ist es da gemütlich,

  2. erholt sich der Rücken,

  3. steh ich überhaupt auf den Ruhestand, der früher wohlverdient genannt wurde,

  4. stehen die Bankerl meist an schönen Orten, da kann eine die Aussicht genießen,

  5. kann eine da gut nachdenken,

  6. kommen mir beim Nachdenken allerhand Nachrichten in den Sinn, die ich erst einmal ordnen muss,

  7. hab ich da die Muße, sie mit dem zu verbinden oder zu kontrastieren, was mir früher an Entwicklungen, Neuerungen, Chancen und Katastrophen widerfahren ist,

  8. versuche ich, diese Unterschiede damit in Übereinstimmung zur bringen, was ich je über die Gesellschaft gedacht habe und stelle fest, was nicht mehr geht. Dh. ich muss

  9. für mich neue Theorien entwickeln. Dazu frag ich meine Freund:innen am Nebenbankerl, von denen ich

  10. andere Erfahrungen, neue Theorien höre und auch Tipps kriege, wo ich dazu

  11. was Interessantes lesen könnte.

  12. denken wir wieder gemeinsam drüber nach, diskutieren fest und entwickeln so

  13. neue Ansichten zur Welt, so dass wir hoffen können, dass wir die Welt nun wieder ein bisserl besser verstehen, auch wenn wir – und das finden wir besonders interessant –

  14. immer wieder feststellen, wie anders unsere Sicht auf die Welt ist, seit wir nimmer mit anderen konkurrieren müssen, welche am meisten weiß, welche am originellsten ist.

  15. wollen wir manchmal auch als Alte gehört werden und bieten unsere großartigen Erkenntnisse allen an, die da am Bankerl vorbei kommen. Leider sind das wenige junge Leute, die sich zu uns setzen. Ist ja auch ok, die haben genug zu tun, mit der Welt, die ihnen unsere Generation in einem verdammt schlechten Zustand übergeben hat. Und daneben müssen sie noch mit immer verrückter werdenden Erwerbsbedingungen zurecht kommen.

    Es interessieren sich halt leider auch wenige Gleichaltrige dafür, wenn sie jung geblieben sind und bleiben – schlimmstenfalls aktiv altern – wollen.

  16. bin ich trotzdem ganz zufrieden mit unserer müßigen Theoriebildung.

  17. setzen wir zwar bei unserem Rumsitzen ein wenig Fett an, entwickeln aber zwangsläufig eine kleinräumige, wohltuende Sorge-Kultur. Wenn da eine fehlt, muss natürlich nachgefragt, nachgeschaut und allenfalls abgeholfen werden.

  18. tut das gut und wir werden immer wieder daran erinnert, dass wir auf’s Sterben zusteuern, dass wir nicht fit ins Grab hüpfen werden und wir können überlegen, was wir da noch brauchen werden. Da gibt es noch viel zu denken, zu reden und zu tun – auch politisch –, denn die Illusion von der Autonomie haben wir uns inzwischen gründlich abgeschminkt …

  19. kommen bei den Bankerln allerhand Aufgaben vorbei. Es ist ja bekannt, dass wir keine Ziele, keine Vorhaben, aber viel Zeit haben. Das fällt immer wieder Leuten ein und sie schauen nach, wofür wir zur Verfügung stehen. Das ist zwar gut, damit uns nicht fad wird, ist eine gute Ablenkung von unserem Thema 18 und macht in der Regel auch viel Freude. Aber wir schauen auch drauf, dass wir uns nicht als „Ehrenamtliche“ oder als „Aktive Alte“ vereinnahmen und verschaukeln lassen.

    Das funktioniert auch, denn jede will doch auf’s Parkbankerl!

Das Klischee vom Parkbanksitzen